H o m m e
Pret a Porter
Automne - Hiver 2006/2007


Geschichte trifft Gegenwart

Die neue Mode bringt Klarheit über die neuen Styles der Männermode. Diese nutzen zwar historische Vorgaben, pflegen aber einen kompromisslos modernen Look. Gemütlich auf der einen Seite und immer noch mit Folklore-Elementen angereichert, aber doch von einer neuen Sehnsucht nach Ruhe und Verlässlichkeit geprägt. Das eröffnet zahlreiche Ansätze zu einer neuen Formfindung. Die neue Mode definiert für die Menswear fünf Themen:

St. Petersburg 1900: Zaristische Uniform-Attitüden prägen die Business- wie die Sportswear, aufgemischt durch Piloten- und Worker-Styles.

Paris 1910: Die korrekte Eleganz der Pariser Belle Époque eiferte dem englischen Vorbild nach: diskret, streng, materialverliebt.

Shanghai 1920: Folkloristische Einflüsse aus den Steppen Asiens und aus Skandinavien aktualisieren die Sports- und Active Wear.

London 1950: Die Eleganz des städtischen Gentleman trifft auf den gemütlichen, aber funktionellen Natur-Look der Highlander.

New York 1960: Ein rebellischer Szene-Look aus provozierender Lässigkeit, übersteigerten Couture-Details und grafischer Klarheit.

St. Petersburg 1900:
Direkt aus den Militärkasernen der Zarenzeit unter Nikolaus II. kommen die Stilelemente der thematischen Vorlage. Farblich gedämpft in Schwarz, Nachtblau, Anthrazit, Indigo, Braun und Kaki kommen die Styles jedoch weniger martialisch, denn businesslike daher. Details wie Schulterriegel, große Reverskrägen, Metallknöpfe und -schnallen, Gürtel, Kordelapplikationen und markante Taschenpatten prägen sportive Jacken und Mäntel in Strichtuche und gewalkter Wolle, Twill oder Tricotine. In Kombination mit uninahen Anzügen, Slacks und feinem Strick ergibt sich ein zeitgemäßer, klar konturierter Semidress. Bomberblousons aus Leder oder Nylon mit Strick- oder Felldetails, taschenbesetzte Cargohosen und dunkle, cleane Denims bringen dagegen Abenteuer-Flair in die Sportswear-Looks. Gewaschene, rundgebügelte Wollhosen mit Funktionsausrüstungen, kernige und strukturierte Baumwoll-Sakkos, Gilets, weiße Großvaterhemden erinnern zwar an das frühe Industrie-Zeitalter, wirken aber im aktuellen Ringen um Ursprünglichkeit, Ruhe und Authentizität ultramodern.

Paris 1910:
Es war die Zeit der perfekten Bügelfalten-Eleganz, die niemand zur Jahrhundertwende besser verkörperte als der Prinz of Wales. Daraus entwickelt sich ein Businesslook für den Connaisseur, der sich trotz französischer Weltoffenheit dem strengen englischen Vorbild verpflichtet fühlt. Edle Goldtöne, helles Grau und Braun, Wollweiß und Schwarz mit Akzenten in Blau, Flieder und Rost sorgen für ein elegantes, harmonisches Farbenspiel. Überwiegend uninahe Stoffe werden sind durch Alpaka-, Kaschmir- und Mohairanteile veredelt. Feine Nadelstreifen, aufgefächerte Schattenkaros, feine Tweeds, Flanelle, Samte und Moleskin werden auf softe Zwei- und Drei-Knopf-Sakkos umgelegt. Die Avantgarde hält mit hochgeschlossenen Zweireiher mit Spitzfaçon dagegen, deren gekürzte Längen an Rumpf und Ärmel aussehen wie „eingelaufen“. Zweireihige Mäntel sind entweder auf den Leib geschneidert oder lässig in neuer Weite. Cardigans und V-Pullover aus edlem Feinstrick werden höchstens durch Mini-Schaftmuster belebt, cleane Baumwoll-Slacks dagegen durch Kontrastnähte. Ein „Slow-Down-Look“ für den modernen Jetsetter.

Shanghai 1920:
Shanghai war in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts legendär. Im „Paris des fernen Ostens“ trafen eine vergnügungssüchtige High-Society-Schickeria des Westens und intellektuelle Weltenbummler wie Charlie Chaplin oder George Bernhard Shaw auf die reiche asiatische Kultur. Casual-, Sport- und Activewear nutzen den folkloristischen Reichtum wie z.B. Deckenstreifen, Bordüren, Borten, Bänder und Farben für Drucke, Stickereien oder Prägungen. Vor allem die reichen Muster Nord- und Osteuropas in nebligem Blau und Grau, Wollweiß und Beige plus Rot, Grün, Safran und Violett zieren Shirts, Sweats und rustikalen Strick. Lammfelljacken und üppige Fellverbrämungen erinnern an die Mongolenvölker, während schimmernde und wattierte High-Tech-Jacken Chinas Seidentradition beschwören. Bondings setzen mit Metalloberflächen und soften Abseiten Glanzpunkte am Tag. Abends glänzen Anzüge und Sakkos in mondänem Schwarz mit Satinstreifen oder ornamentalen Jacquards, akzentuiert von Violett und Bordeaux.

London 1950:
Hier atmet alles die englische Behaglichkeit und Naturverbundenheit. Eine Mode, so perfekt wie der Gentleman-Look eines Sherlock Holmes, aber auch so exzentrisch wie der Dandy Oscar Wilde. Wolloptiken dominieren und nehmen der Businesswear ihre Steifheit. Verfremdete und verwischte Glenchecks, Fensterkaros, Nadelstreifen, Fischgrats und Faux-Unis überziehen smarte Einreiher, Einzelsakkos, Norfolk-Jacken, schmale Hosen oder den klassischen Paletot. Casual- und Workerhosen aus Moleskin oder Wintercotton, gewaschener Cord und Denim brechen ebenso wie Ringel-, Argyle- oder Bordürenstrick die allzu smarte Eleganz. Modern wirken schlichte Rollis oder Mini-Grafics für V-Pullover und Liberty-Blümchen für Hemden. Westen und Jacken aus Samt, Matt-Glanz- oder Tapisserie-Jacquards bringen jenen Hauch von Exzentrik, mit der die Bohème so gerne liebäugelt. Grobe Strickjacken mit Zopfmuster, Karohemden, wattierte Westen mit Fell- und Lederdetails gehören zum Jagd-Wochenende auf dem Land. Bondings haben Woll- oder Fake-Fur-Abseiten, Baumwolljacken sind geölt und gewachst, außerdem mit Taschen und Kapuze besetzt. Jagdmotive wie Hirsche, Vögel oder Fasanen zieren und persiflieren. Die Farbstimmung dazu: Warme Herbstfarben, kalte Grün-, Jade- und Beerentöne, aber auch Grau, Beige und Braun im City-Bereich.

New York 1960:
In den Sixties rebellierte die Jugend gegen das Establishment und formulierte neue Lebensregeln für sich. Die Straße und die Künstler-Szene mit Pop-Artisten wie Andy Warhol prägten eine ganze Generation und die Mode auf dem Laufsteg. Die Eleganz der „Erwachsenen“ wird persifliert und künstlerisch überzeichnet. Schmale Revers aus Satin oder Lackleder schimmern an taillierten Sakkos, kontrastfarbene Gallonstreifen zieren die Hosennähte, begleitet von kurzen Lackleder- oder knielangen Blazermänteln, die mit Nieten, Flockprints oder Bügelmotiven verfremdet werden. Horror-Insignien oder Gotik-Buchstaben ersetzen die Rocker-Symbole. Gegensätzliche Materialien „kollidieren“. Samt und Seide treffen auf bedruckte T-Shirts, auf Denim und Leder. Röhrenjeans sind zu kurz oder zu lang, kaputt oder clean, denn für Kompromisse ist kein Platz. Die flachen und kompakten Stoffe sind meist uninah und liefern messerscharfe Konturen für Anzüge und Mäntel. Grafische Muster für Strick und Prints folgen ebenso einer futuristischen Design-Philosophie wie das konzentrierte Schwarz-Weiß-Spiel, ergänzt durch kräftige Farben.

Volumen

Karomuster

Gurt

Daunenjacke

Leger

Grau

Jetset

Pelz

Leopardenmuster

Prominight

Kurze Lederjacke

Schmaler Zweireiher

Schwarz

Samt